Ein Leben ohne Holz- unvorstellbar für mich
Mein Name ist Micha Holzer, der bekannteste Schreinermeister
in der Umgebung. Mit 67 Jahren bin ich leider auch nicht mehr der Jüngste-und
das ist mein Problem! Meine Frau möchte, dass ich den Betrieb verkaufe und mich
zur Ruhe setze. Leider versteht sie nicht, dass meine Arbeit mir sehr viel
bedeutet und ich sie nicht einfach so aufgeben kann. Was soll ich denn ohne
meine Arbeit machen, ich kann doch nicht einfach nur rumsitzen und gar nichts
tun. Jedoch hat meine Frau auf der anderen Seite auch Recht, ich muss den
Betrieb langsam jemandem anderes übergeben. So sitze ich schon seit Wochen in
meinem dunklen Arbeitszimmer und denke darüber nach, was ich jetzt tun soll.
Sie müssen wissen, dass mein Betrieb ein Familienbetrieb ist, der schon seit
vielen Jahren von einer Generation zur nächsten vererbt wird. Es ist ja nun
auch nicht so, dass ich keine Kinder habe nur scheint niemand den Betrieb
weiter führen zu wollen.
Meine Tochter studiert Jura um irgendwann einmal eine angesehene Staatsanwältin zu werden und mein Sohn ja der hat auch überhaupt kein Gedanken daran verschwendet diesen Betrieb zu übernehmen. So sitze ich jetzt im Arbeitszimmer und weiß nicht weiter, ich kann doch niemanden Fremden mein Hab und Gut geben. Plötzlich kommt meine Frau zur Tür rein und schaut mich fassungslos an: „Also Micha, was ist denn nur los mit dir? Heut ist ein sonniger Tag und du hast deine Faltrollos zugezogen. Wie kann ich dir nur helfen?“ Es tat gut zu sehen, dass sie sich Sorgen macht und ich erzählte ihr von meiner Hilflosigkeit. Sie grinste mich an und schlug vor, dass ich den Betrieb an Johannes, meinem treusten Mitarbeiter verkaufen sollte. Und die Idee war blendend, warum bin ich nicht selbst darauf gekommen?! Er ist ein wirklich guter Schreiner und er wird seine Arbeit super machen.
Muss ich jetzt doch ein Leben ohne Holz bestreiten?
Mit meinen 67 Jahren konnte ich keinen Betrieb mehr leiten,
so musste ich ihn abgeben. Mein bester Mitarbeiter Johannes kam dafür in Frage.
Er hatte mich schon einmal gefragt, ob er mir die Schreinerei abkaufen könnte
und ich war empört, doch nun konnte ich nicht anders. Bevor ich meinen
Entschluss ändern konnte, ging ich zu Johannes und machte ihm ein Angebot. Er
war überglücklich und kaufte sofort. Es machte mich ein wenig traurig, so ging
ich in mein Arbeitszimmer, lies die Faltrollos
runter und dachte noch einmal darüber nach. Ich konnte nicht glauben, dass ich
so schnell meinen Betrieb losgeworden bin. Es klopfte an der Tür.
Meine Frau
kam herein, zog ein Faltrollo hoch und
küsste mich liebevoll auf die Stirn. Was sie nun sagte, lies mir den Atem
stocken: „ Micha wir ziehen um!“ Ich konnte nicht glauben was sie sagte, wir
wollten eigentlich seit Jahren umziehen, denn unsere 3-Zimmerwohnung ist sehr
bescheiden, um es nett auszudrücken. Sie zeigte mir eine Annonce auf der ein
großes Forsthaus zu sehen war. Dieses Haus lag im tiefsten Bayern in
irgendeinem winzigen Dorf. Ich konnte nicht glauben, dass das ihr Ernst war.
Sie wollte sich im Nirgendwo zur Ruhe setzen. Am Abend kamen unsere Kinder und
ich erzählte ihnen von unserem geplanten Umzug. Mein Sohn dachte, wir wollen
ihn auf den Arm nehmen, doch meine Tochter war begeistert, sie meinte wir
sollten es uns ansehen. So machten wir uns am nächsten Tag auf den Weg und
schauten uns das Haus an. Das Dorf war nett und die Leute waren auch sehr
freundlich, obwohl ich nicht sehr viel verstanden habe. Das Haus jedoch war
wunderschön, aber der Garten war atemberaubend, da gab es nämlich einen
Holzschupf. Das Haus musste mit Holz
beheizt werden! Der Kaufvertrag wurde sofort vor Ort unterschrieben.
Veränderung hält jung
Nachdem ich den Familienbetrieb verkaufen musste, haben wir beschlossen umzuziehen. Wir lebten bis jetzt in einer bescheidenen 3-Zimmerwohnung.Meine Frau verliebte sich gleich in ein Forsthaus im tiefsten bayrischen Wald und als wir die Immobilie besichtigten, ist der Funke auch zu mir übergesprungen. Wir haben das Haus gleich gekauft und nun müssen wir umziehen.
Der Abschied aus unserer alten Wohnung fällt uns nicht schwer. Wir lassen alle Möbel stehen, nur die Faltrollos aus meinem Arbeitszimmer nehmen wir mit, die sollen auch in das neue Arbeitszimmer (passend zum Forsthaus haben diese Holzmotive).
Wir haben all unsere Kleidung und die anderen Kleinigkeiten in Kisten gepackt und schon in unser neues Heim gefahren. Heute gehen wir Möbel kaufen. Da wir ein sehr altes Forsthaus haben, wollen wir es auch in einem rustikalen Stil einrichten. Die Küche war schon vom Vormieter drin, also brauchten wir keine Neue. Die Möbel für die anderen Zimmer waren auch schnell gefunden. Nur das Speisezimmer sollte ich schreinern-das hat mich so glücklich gemacht, dass mir der Rest völlig egal war. Und natürlich, weil ich mich auf meine Frau verlassen kann. Sie hat fliederfarbene Faltrollos für unser Schlafzimmer gekauft. Unsere Kinder kamen um uns beim Einrichten und Aufbauen zur Hilfe. Mein Sohn und ich renovierten den Flur und die Wohnstube, meine Tochter gestaltete mit meiner Frau das Schlafzimmer. Ich durfte während der ganzen Zeit nicht einmal nachsehen. „Überraschung“, riefen sie immer wieder! Sie holten mich zu dem Moment als die letzten beiden Faltrollos angebracht wurden. Wenn ich ehrlich sein darf, ich war begeistert. Durch den ganzen Raum wurde ein dünner fliederfarbener Strich gezogen, es sah zusammen einfach wunderbar aus. Nun bin ich sozusagen Faltrollo-Fan.
Das ist ein schöner Anfang vom neuen Leben.